Wiener Tautologien

Ich bin in Wien aufgewachsen, doch kaum erwachsen ging ich aus dieser Stadt weg. Wien erschien mir sehr schön, aber zugleich auch sehr bedrückend. Ich konnte damals nicht genau ausmachen, was daran so bedrückend war, vielmehr schob ich dieses Gefühl auf meine persönliche Situation, meine Schwierigkeiten mit meiner Familie - und mit mir selbst. Das aber war nur das Innere.
Viel später erst wurde mir klar, dass diese Schönheit der Stadt, diese Perfektion, welche implizierte, dass nichts hinzugefügt werden sollte, zu diesem Gefühl des Erdrücktwerdens durchaus beitrug. Von außen.
In Wien wirkten nur die sozialen Wohnbauten aus den fünfziger Jahren ein wenig fremd. Ihre Nüchternheit wurde durch nichts vertuscht. Auch half es nichts, dass an ihren Wänden Bilder waren. Gerade dieser Versuch die Zweckmäßigkeit dieser Bauten damit aufzuheben, ließ diese Bilder hilflos erscheinen.

Die Bilder entstanden zu einer Zeit als Kunst am Bau in dem Glauben an einen sozialen Auftrag entstand. Aus diesem Grunde ähneln die Bilder der Kunst der Sowjetunion, aber nicht jener, die wir heute mit ihrer Gründung assoziieren, sondern der, die im Auftrag des Staates ein Jahrzehnt später vorgeherrscht hat: Der späte Malewitsch, der wieder figurativ malen musste, aber noch immer Spuren des Suprematismus in sich trägt.

Machte ich meine in Wien lebenden Bekannten auf diese Bilder aufmerksam reagierte ein Teil von ihnen mit Ablehnung, weil ihnen die Bauten schon grundsätzlich hässlich erschienen.
Der andere Teil meiner Bekannten reagierte mit Erstaunen, da sie diese Bilder zwar schon oft gesehen, aber noch nie wahrgenommen hatten. Ich vermute, dass auch ich sie nicht gesehen hätte, wäre ich nicht fortgegangen. So hat die Fremde meinen Blick geschult.

Um diesen Bildern mehr Bestimmtheit zu geben, mache ich ein Foto von dem betreffenden Haus und dann montiere ich virtuell das Bild zum zweiten Mal auf einer Werbetafel daneben. Daraus ist eine Serie von 30 Motiven geworden.

 

Vienna Tautologies

I grew up in Vienna, but as soon as I had come of age, I left this city. Vienna seemd to me very beautiful, but at the same time very depressing. Then I could not quite make out, what it exactly was, which depressed me so much, I thought this feeling had to do with the difficulties I experienced with my family - and also with myself. But that was the inner situation.
Only later it became clear to me, that the beauty of this place, the perfectness, which implied that nothing had to be added on, made a huge contribution to my feeling of being oppressed. That was the outer situation.

Only the social housing projects of the fifties appeared to be a bit foreign in Vienna. There was no cover up to their sobriety. It also did not help that there were paintings on their walls. Exactly that attempt to outweigh the soberness of these buildings, made those images look helpless.
These images were created at a time, in which art being used in a public environment had a claim to a social mission. Because of that there is a likeness to the art of the Soviet Union, but not to that one we associate with the founding of it, but which was produced in the commission of the state then years later: The late Malewitch, who had to paint again in a representational manner, which still bears traces of suprematism in it.

Whenever I pointed out these images to my friends in Vienna, one part of them reacted with rejection, on the grounds that alone these buildings appered to them as quite ugly. The other part of my friends reacted with surprize, they had seen them many times, but never had they noticed them. I presume, I would not have noticed then either had I not left Vienna. So being in a foreign environment had trained my gaze.

To give these images more determination, I create a photograph of the relevant house and in the following step I montage virtually the image for the second time on an advertisement board next to it. By now I have created 30 different motives.

 
   
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